Tröstlicher Lieb
stets ich mich1 üb,
wie ich erhieb2
und Huld erlangt eins Fräulein zart,
dem ich mit Fleiß
in stiller Weis
noch dien zu Preis,
so hält mir das ganz Widerpart.
Wer hätt’ geacht,
dass sollt sein g’macht
ein weiblich Bild
von Sinn und G’müt so fest und mild.
Phebe3, dir gschach4
auch also gach5,
do6 eilest nach
Daphne, der Jungfrau’n ungezaum7,
die dir entging,
zu Stund anfing
mit Laub umhing,
und ward ein schöner Lorbeerbaum.
Dir nicht mehr ward
von Blättlein zart
dann8 nur ein Kranz,
den du noch trägst um Ihr Lieb ganz.
Ach wär ich der,
dem jetzt nicht mehr
von der ich’s gehr9
möcht werden dann10 ein Kränzlein fein,
dazu in Gunst,
damit umsunst
nicht als11 der Dunst
verging ohn Frucht die Liebe mein.
Erst würd ich tröst2
von Pein erlöst,
mein G’müt ganz ring13,
vielleicht mir fürder bass geling14.
1: stets ich mich: zwei Stimmen haben: ich mich stets
2: erhieb: erhöbe
3: Phebe: Phoebus = Apollo. In Liebe entbrannt, verfolgte Apollo Daphne, die ihn zurückgewiesen hatte. In ihrer Not bat sie ihren Vater Peneus um Hilfe, der sie in einen Lorbeerbaum verwandelte. Als Zeichen seiner Liebe trägt Apollo seitdem den Lorbeerkranz.
4: gschach: geschah
5: gach: jäh, rasch
6: do: als
7: ungezaum: ungezäumt = ungebunden, sie hatte als Gefährtin von Artemis Keuschheit geschworen.
8: dann: als
9: gehr: begehre
10: werden dann: bleiben schließlich
11: als: wie
12: tröst: getrost, sicherlich
13: ring: leicht, erleichtert
14: mir fürder baß geling: vielleicht gelingt es mir zukünftig besser
English translation
Comforting love
I always practice,
how to rise
and gain favour of a gentle maiden,
which I assiduously
and silently
still serve,
but she she resists completely.
Who would have thought,
that there could be
a female creature
so strong and mild in mind and temper.
Phoebus, it happened to you
so suddenly
when your pursued
Daphne, the uncommited virgin,
that she escaped you,
at this hour began
to cover by leaves
and became a prety laurel tree.
You didn’t get more
than a wreath
of frail leaves,
which you still wear because of your love of her.
Oh that I were such a one,
who now no longer
will get only a wreath
from the one he desires,
and also be in favour,
so that not in vain,
not like a haze,
should pass by my love without fruit.
Only then I would surely
delivered from pain,
and my mind become easy,
maybe henceforth I will do better.